Was ist Ayurveda?

Ayurveda ist eines der ältesten ganzheitlichen Medizinsysteme der Welt mit mehr als 5000 Jahre Erfahrung. Ursprünglich in Indien entwickelt, bedeutet das Wort Ayurveda aus dem Sanskrit übersetzt: "Wissen vom Leben" (Ayus = Leben, Veda = Wissen). Es vereint jahrtausendealtes Erfahrungswissen mit einem tiefen Verständnis für die natürlichen Rhythmen des Lebens und stellt den Menschen als untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele in den Mittelpunkt.

Im Zentrum des Ayurveda stehen die drei Doshas:
  • Vata (Bewegung und Nervensystem),
  • Pitta (Stoffwechsel und Verdauung) und
  • Kapha (Struktur und Stabilität).

Sie wirken in jedem Menschen in individueller Ausprägung und steuern sämtliche körperlichen und psychischen Funktionen. Gerät ihr Gleichgewicht aus der Balance, können Beschwerden entstehen – körperlich wie seelisch. Der ayurvedische Ansatz beschreibt den menschlichen Organismus als ein fein abgestimmtes System. Er berücksichtigt dabei:

  • Die Dhatus - Gewebeebenen, z.B. Plasma, Blut, Muskel- und Nervengewebe
  • die Srotas – feine Transportkanäle, die Nährstoffe, Abfallstoffe und Informationen im Körper weiterleiten
  • die Malas – natürliche Ausscheidungsprodukte wie Urin, Stuhl und Schweiß
  • das Agni – die Verdauungskraft, die für Aufnahme, Umwandlung und Verwertung von Nahrung entscheidend ist
  • sowie die Nadis – rund 72.000 feinstoffliche Energiekanäle, durch die Prana (Lebensenergie) fließt
  • die Marmas – sensible Energiezentren an der Körperoberfläche, über die gezielt auf innere Prozesse eingewirkt werden kann
  • und vieles mehr...


Gesundheit im ayurvedischen Verständnis

Im Ayurveda gilt ein Mensch dann als gesund, wenn:
  • die Doshas im Gleichgewicht sind
  • die Dhatus gut genährt und stabil sind
  • das Agni kraftvoll und ausgeglichen ist
  • die Srotas frei und durchgängig sind
  • die Malas regelmäßig ausgeschieden werden
  • und der Geist (Manas) in Ruhe und Klarheit verweilt
Gesundheit bedeutet im Ayurveda also Balance auf allen Ebenen – körperlich, mental, emotional und energetisch.

Ayurveda in der Anwendung

Ziel des Ayurveda ist es, dieses innere Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen – individuell und ganzheitlich.
Dies geschieht unter anderem durch:
  • typgerechte Ernährung und Lebensweise
  • Kräuter und natürliche Substanzen
  • Reinigungsverfahren (wie Panchakarma)
  • sowie durch achtsam ausgeführte ayurvedische Massagen und Anwendungen, die Körper und Geist gleichermaßen ansprechen.
Diese Behandlungen sind nicht nur wohltuend – sie fördern Regeneration, innere Ruhe und unterstützen die Selbstheilung auf sanfte Weise.

Kurzer Ausschnitt/Erklärung verschiedener Worte:

Die Dosha´s: die drei Lebensenergien:

Vata das Bewegungsprinzip (Bewegung, Nervensystem, Atmung)

Elemente: Luft/Äther
Eigenschaften: leicht, trocken, kühl, beweglich, subtil, klar.
Sitz im Körper: im unteren Bereich des Körpers: Dickdarm, Blase, Niere.
Extremitäten: Arme, Beine, Hände, Füße, Haut, Beckenboden und Knochen. Das Nervensystem und die Ohren.
Vata ist die Energie der Bewegung. Es steuert alle Impulse im Körper: Atmung, Nervenreize, Gedanken, Muskelaktivität. Transport von Sauerstoff aus dem Blut ins Gewebe. Aufnahme von Nährstoffen und Abgabe von Abfallstoffen (Stuhl, Urin, Schweiß) Menstruation, Ejakulation, Geburtsvorgang, Zellteilung, Herzschlag und Kreislauf, Aufnahme von Sinneseindrücke, Sprechen und Denken. Menschen mit viel Vata leben nach dem Motto: don't worry → be happy, sind oft kreativ, lebendig, ideenreich, sucht ständig die Abwechslung/Veränderung ohne lange zu bleiben → sie sind auch sensibel und schnell erschöpft.
Im Gleichgewicht: Leichtigkeit, Inspiration, Flexibilität.
Bei Ungleichgewicht: Nervosität, Schlafstörungen, Blähungen, Trockenheit, Ängste.


Pitta ist für die Umwandlungsprozesse zuständig (Verdauung, Stoffwechsel, Intelligenz)

Elemente: Feuer/Wasser
Eigenschaften: heiß, scharf, leicht ölig, durchdringend, klar.
Sitz im Körper: die mittlere Körperregion mit den Organen unterer Magen, Dünndarm, Leber, Gallenblase, Milz, Herz, und Gebärmutter.
Pitta steht für Verdauung, Stoffwechsel, Körpertemperatur und Intelligenz. Pitta reguliert die Körpertemperatur, die Hormonproduktion und das Denkvermögen. Die Entstehung von Hunger und Durst, die Aufnahme des Lichts durch die Augen (die Sehkraft), die Verarbeitung von Sinneseindrücken im Gehirn wird Pitta zugeschrieben. Pitta ist diejenige Energie, die Intelligenz, Mut und Zielstrebigkeit hervorbringt. Menschen mit viel Pitta sind oft zielstrebig, analytisch, leidenschaftlich – mit einem Hang zu Perfektionismus. Sie sind Kämpfernaturen und riskieren gern Konflikte. Sie sind Geistreich, schlagfertig und überzeugend in der Sprache, kommt ohne Umwege gleich auf den Punkt, sie nehmen kein Blatt vor den Mund.
Im Gleichgewicht: Energie, Fokus, Entschlossenheit
Bei Ungleichgewicht: Reizbarkeit, Entzündungen, Sodbrennen, Hautprobleme, Ungeduld


Kapha steht für Struktur, Stabilität, Immunität

Elemente: Erde + Wasser
Eigenschaften: schwer, stabil, kühl, ölig, langsam, weich
Sitz im Körper: Kapha werden die Organe oberer Magen, Brust Lunge, Kopf, Pankreas (Bauchspeicherdrüse) und Hoden
Kapha sorgt für Struktur, Stabilität und innere Ruhe. Er hält den Körper zusammen schmiert die Gelenke sowie den Darm für ungestörte Bewegungsabläufe. Kapha sorgt für Stabilität des Geistes, für Geduld, für Gedächtnis stärkt die Immunität und emotionale Ruhe. Menschen mit viel Kapha sind meistens Ruhige, herzliche, warme Menschen, sind gern in harmonischer Gesellschaft und genießen, ein schönes Zuhause und Familie sind ihnen wichtig, sie schaffen stabile finanzielle Verhältnisse und Wohlstand, sind oft Unternehmer oder Geschäftsleute.
Im Gleichgewicht: Gelassenheit, Ausdauer, Fürsorglichkeit
Bei Ungleichgewicht: Antriebslosigkeit, Übergewicht, Schleimbildung, Trägheit

Jeder Mensch trägt alle drei Doshas in sich – jedoch in unterschiedlicher Ausprägung (Konstitution).


Dhatus: die sieben Gewebeebenen

Die Dhatus sind die sieben Körpergewebe, aus denen wir aufgebaut sind:
  • Rasa – Plasma / Nährgewebe
  • Rakta – Blut
  • Mamsa – Muskeln
  • Meda – Fett
  • Asthi – Knochen
  • Majja – Knochenmark / Nerven
  • Shukra – Fortpflanzungsgewebe
Ein gesundes Dhatu-System sorgt für Stärke, Vitalität und ein langes Leben. Wenn alle Gewebe gut versorgt sind entsteht Ojas (Ojas = Lebensenergie)


Srotas & Nadis: die feinen Kanäle des Körpers

  • Srotas sind die Körperkanäle, die Nährstoffe, Energie und Abfallstoffe transportieren – vergleichbar mit dem Blut- und Lymphsystem.
  • Nadis sind feinstoffliche Energiekanäle – besonders bekannt aus dem Yoga – durch die Prana, die Lebensenergie, fließt.



Agni: das Verdauungsfeuer

Im Ayurveda bezeichnet Agni das innere Verdauungsfeuer, das Nahrung verarbeitet, Nährstoffe umwandelt und den Körper von Abfallstoffen befreit. Es ist entscheidend für unsere körperliche Gesundheit, geistige Klarheit und emotionale Ausgeglichenheit. Ein starkes Agni sorgt für:
  • guten Appetit
  • regelmäßige Verdauung
  • stabile Energie und Wohlbefinden
Ist Agni geschwächt oder gestört, kann es zu Beschwerden wie Blähungen, Trägheit, Unverträglichkeiten oder Ansammlung von Ama (Stoffwechselrückständen) kommen. Ayurveda legt großen Wert darauf, Agni zu stärken und im Gleichgewicht zu halten – durch typgerechte Ernährung, warme Speisen, passende Gewürze, regelmäßige Mahlzeiten und unterstützende Anwendungen wie Massagen oder Kräutertherapie.


Ama: unverdaute Rückstände im Körper

Im Ayurveda bezeichnet Ama unverdaute Stoffwechselrückstände, die entstehen, wenn das Verdauungsfeuer (Agni) geschwächt ist. Ama sammelt sich im Körper an, belastet Gewebe, verstopft Energiekanäle (Srotas) und gilt als eine der Hauptursachen für Krankheit. Typische Anzeichen für Ama sind:
  • Trägheit, Blähungen, Zungenbelag
  • Unwohlsein nach dem Essen
  • Müdigkeit, trotz ausreichendem Schlaf
Ayurveda zielt darauf ab, Ama zu vermeiden oder auszuleiten – durch passende Ernährung, Lebensrhythmus, Gewürze, Reinigungskuren und aktivierende Anwendungen.


Malas: Die Ausscheidungen des Körpers

Im Ayurveda spielen nicht nur Aufbau und Versorgung des Körpers eine zentrale Rolle, sondern auch die Ausscheidung von allem, was der Organismus nicht mehr benötigt. Diese Ausscheidungsprodukte werden Malas genannt. Malas sind die natürlichen Abfallstoffe des Körpers – sie entstehen fortlaufend im Stoffwechsel und müssen regelmäßig und ungestört ausgeschieden werden, um Gesundheit und innere Balance zu erhalten. Die drei Haupt-Malas sind:
  • Purisha – der Stuhl
  • Mutra – der Urin
  • Sveda – der Schweiß
Darüber hinaus gibt es noch sogenannte „Neben-Malas“, die aus den Geweben entstehen, wie z.B. Nasensekret, Ohrenschmalz oder Tränen. Warum sind Malas so wichtig? Im ayurvedischen Verständnis ist Gesundheit nur dann möglich, wenn die Malas:
  • regelmäßig,
  • vollständig und
  • ohne Störungen ausgeschieden werden.
Stauungen, Verstopfung, übermäßiges Schwitzen oder auch ausbleibender Schweiß, Trägheit der Harnblase oder unregelmäßiger Stuhlgang gelten als Zeichen von Unausgewogenheit im Stoffwechsel und möglichen Dosha-Störungen – insbesondere bei gestörtem Vata oder Pitta. Ein gesunder Ausscheidungsprozess ist somit ebenso wichtig wie die Aufnahme von Nahrung und Energie. Er unterstützt die Reinigung, fördert das Wohlbefinden und entlastet alle Gewebeebenen (Dhatus), Srotas und Organe.

Was führt zu Krankheit?

Krankheit entsteht im Ayurveda, wenn das natürliche Gleichgewicht gestört ist – z.B. durch:
  • falsche Ernährung oder Lebensweise
  • unterdrückte Emotionen
  • unausgeglichene Routinen
  • Überforderung, Stress, Bewegungsmangel
  • Umweltfaktoren oder Jahreszeitenwechsel
Solche Störungen führen zu einer Ansammlung von Ama (unverdaute Stoffwechselrückstände) und blockieren die Srotas – was wiederum zu Krankheitssymptomen führt.

Was führt zu Gesundheit?

Ayurveda betont eine präventive Lebensweise. Gesundheit entsteht durch:
  • typgerechte Ernährung und Tagesroutinen
  • bewussten Umgang mit Emotionen
  • regelmäßige Reinigung (Detox) & Stärkung des Agni (Verdauung)
  • tiefe Regeneration (z.B. durch Massagen, Yoga, Meditation)
  • harmonische Beziehungen zu sich selbst und zur Umwelt